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„Athleten kann man züchten“

Andrea Schlager, Caroline Drobik, Florian Warum, Dominik Stecher, Michael Seif und Andreas Habringer haben mit Günter Gmeiner über Doping gesprochen:


Nächstes Jahr stehen die Olympischen Spiele in Peking auf dem Programm. Was wird uns in China in Bezug auf Doping erwarten?

Günter Gmeiner: Man kann nicht ausschließen, dass es in China bereits Programme gibt, die Athleten heranzüchten. Die abgeschottet von jeglichen Kontrollen sind, die dann bei den Olympischen Spielen als saubere Sportler auftreten werden und womöglich die Goldmedaille holen. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) versucht seit Jahren, „weiße Flecken“ auf der Landkarte zu erschließen.

Oft scheint die WADA mit ihren Kontrollen einen Schritt zu spät zu sein. Warum?


Günter Gmeiner: Zurzeit ist kein Nachweis von synthetischem Kreatin und Testosteron möglich. Ein Wachstumshormon ist ebenfalls schwer nachweisbar, vor allem bei niedriger Dosierung. Man sollte die Leistungssteigerung nicht verallgemeinern, da es auch sehr auf die Physiologie des Sportlers ankommt, aber Doping kann Leistungen bis zu zehn Prozent steigern. Im Leistungssport wäre jedoch schon ein Prozent irrsinnig viel. Das Gen-Doping ist schwer regulierbar, hier wirkt eine Behandlung für ein ganzes Jahr.

In Italien oder Frankreich drohen dopenden Sportlern Gefängnisstrafen. Kann ein strengeres Anti-Dopinggesetz helfen, Doping aus dem Sport zu verbannen?


Günter Gmeiner: Ein dopender Sportler ist in Österreich kein Straftäter – im Gegensatz zu Italien und Frankreich. Es wird also der „Dealer“, der der die Mittel verabreicht und verschreibt zur Verantwortung gezogen, nicht der Dopende. Und ich finde das gut so, dass der Sportler nicht kriminalisiert wird. Dopende Sportler sollten nicht als Verbrecher dargestellt werden, sondern das Umfeld, von wo er die unerlaubten Mitteln her hat.

Weg vom Leistungssport: Wie stark glauben Sie, dass Doping im Breitensport verbreitet ist?


Günter Gmeiner: Es gibt im Breitensport sicher Tendenzen, seine Leistungen durch Nahrungsergänzungsmittel aufzubessern. Jedoch spricht man in diesem Fall nicht von „Doping“, da Freizeitsportler keine Kaderathleten sind. In Fitness-Studios ist Doping sicher ein Thema. Studien zeigen, dass etwa 10-15 % der Freizeitsportler Dopingmitteln nehmen.

Wird genügend zur Prävention bei Jugendlichen gemacht?

Günter Gmeiner: Es könnte viel gemacht werden als Prävention in Schulen. Man müsste hergehen und sagen: ‚Seht her, so gesundheitsschädigend ist das’. Vor allem in der Wachstumsphase ist das ein Wahnsinn für den Körper und den Hormonhaushalt. Warum gibt es den Kampf gegen Doping? Erstens wäre es für Eltern unverantwortlich, ihre Kinder zum Sport zu schicken. Zweitens würde der Sport an Glaubwürdigkeit und Image verlieren, was kein Sponsor mehr finanzieren würde.

Doping entwickelt sich zu einem echten Wirtschaftsfaktor. Kennen Sie die Hintergründe?

Günter Gmeiner: Es gibt Gerüchte, dass es im Doping eine Art Seidenstraße gibt. Man weiß relativ genau, wo beispielsweise Anabolika synthetisiert wird, wo Doping herkommt. Ähnlich wie bei den Drogen. Speziell beim Internethandel kann dem Zoll nur durch Zufall ein Fang gelingen.

Wie sieht es mit Doping im Alltag aus? Managern oder Ärzten sind in ihrem Berufsleben ständig hohem Druck ausgesetzt.

Günter Gmeiner: Bei anderen Bevölkerungsgruppen ist Doping völlig legitim. Musiker der Philharmonika (v.a. Streicher) nehmen Beta-Blocker, um beim Anstrich nicht zu zittern. Niemand würde auf die Idee kommen, Philharmonika zu kriminalisieren. Auch Manager und Ärzte nehmen Mittel, um länger konzentriert arbeiten zu können. Doping muss also relativiert werden. Hier wird Doping zur Leistungssteigerung auch von der Gesellschaft akzeptiert. Jedoch stellt der Sport andere Ansprüche an sich, nämlich Fairness und die Stärkung der Gesundheit.

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Sport und Gesundheit je nach Lebensalter, Qualität und Leistung

Ein Interview mit Univ. Prof. DDr. Mag. Anton Wicker

Welche Sportarten halten Sie für besonders gesund?
Die gesündeste Sportart ist Wandern. Da kräftigen Sie sich, haben eine gute Ausdauerfähigkeit, sind in der Natur. Ausdauersportarten wie Radfahren oder Schwimmen haben einen sehr hohen Level an Gesundheit. Ausdauersportarten sind risikoärmer und eignen sich besonders für die Sauerstoffaufnahme.

Halten Sie die staatlichen Bewegungsförderungsprogramme für Kinder für ausreichend?
Die Bewegungsförderungsprogramme sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Hauptstoßrichtung muss die Familie sein. Weiters müssen die Schule und der Staat gezielte Programme zur Bewegungsförderung entwerfen. Das Hauptziel muss die Integration von Bewegung im Lebensalltag sein.

Wie wichtig ist Sport im höheren Alter?
Das richtige Betreiben von Sportarten bis ins hohe Alter bedeutet, dass man länger gesund und aktiv bleibt und Altersproblemen vorbeugt. Durch Ausdauerbelastungen und Reduzierung des Körpergewichts steigen die Lebensqualität und die Lebenserwartung.

Welche Rolle spielt die Psyche bei der Rehabilitationszeit?
Alles passiert im Kopf: „It’s all in the mind”. Es gibt Sportler, die jammern und alles schlecht machen. Andere leben mit der Verletzung und sehen die vielfältigen Heilungsmöglichkeiten. Positives Denken macht beim Sportler Kräfte frei. Der Glaube an sich stärkt das Immunsystem und das Immunsystem hat einen positiven Einfluss auf die Regenerationsfähigkeit des Körpers.

Wie sieht die Ausbildung im Bereich Sportmedizin in Österreich aus?
Das Sportärztediplom steht am Beginn der Sportmedizinausbildung Dabei müssen die Leute drei Jahre verschiedene Kurse mit Praxisbezug im Bereich Sportmedizin absolvieren. An der Privat Medizinischen Universität Salzburg (PMU) wird versucht, Sportmedizin vermehrt in den Unterricht zu integrieren. Der österreichische Sportärzteverband und die Österreichische Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (ÖGSMP) bieten nach dem Doktorratsstudium viele Kurse in ganz Österreich an.

Jörg Ransmayr für sport inside

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Das Leben abseits der Skipiste

Michaela Dorfmeister erzählt über das Ende einer sehr erfolgreichen Skikarriere und die neuen Aufgaben in ihrem Leben danach.

„Genieße das Leben ohne Druck und Anspannung“

Am 17. März 2006 ging in Österreich eine ganz große Skikarriere zu Ende Michaela Dorfmeister stand zum letzten Mal bei einem Weltcupriesentorlauf in Are im Starthaus. Knapp ein Jahr nach der Bekanntgabe ihres Karriereendes blickt die 34-jährige auf ihr letztes Rennen zurück: „ Ich sagte mir damals: Ich bin eine Rennläuferin und fahre das letzte Rennen auch noch so gut es geht. Ich fand es aber auch echt super wie es Fritz Strobl heuer gemacht hat. In Are hätte das aber nicht so eine Wirkung gehabt, weil die Mentalität der Menschen eine ganz andere als in der Lenzerheide ist“.
Dorfmeister wat stets eine Sportlerin, die ihren Emotionen freien Lauf ließ. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht erinnert sie sich an ihre letzte Zieldurchfahrt. „Ich redete mit keinem und nahm mir die Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten.“ Der Verlust des „Alphatieres“ im Team, war für die Trainer Grund genug zur Traurigkeit. Doch Trübsal wurde nicht lange geblasen, denn schon am Abend ließen es Dorfmeister und das Team so richtig krachen.

Eltern waren oft an ihrer Seite und fieberten mit

Auf ihre Eltern Josef und Christine Dorfmeister konnte sich die Ausnahmesportlerin immer verlassen. Sie waren der Rückhalt, den sie brauchte und bei vielen ihrer Rennen live vor Ort. „Sie sind froh, dass die Herumfahrerei ein Ende hat. Jetzt erst sehen sie wie viel Freizeit ihnen bleibt, seit dem ich aufgehört habe, “ weiß die Wahlpurgstallerin. Angst war der ständige Begleiter ihrer Eltern. Zum Glück mussten sie sich um ihr einziges Kind unbegründet Sorgen machen.
Nur einmal blieb ihnen das Herz beinahe stehen: Bei der Abfahrt in Cortina/Italien kam Michi nach dem Tofana-Sprung schwer zu Sturz und blieb im Netz hängen. Eine Daumenverletzung, die operativ korrigiert werden musste, war die Folge- und das ganze drei Wochen vor den Olympischen Spielen in Nagano. verletzte sich die Spitzensportlerin bei einem Sturz in Cortina/Italien. Nach dem Tofana-Sprung kam sie zu Sturz und blieb im Netz hängen. Eine Daumenverletzung, die operativ korrigiert werden musste, war die Folge. Und das ganze drei Wochen vor den olympischen Spielen in Nagano. Die schlimmste Zeit in Dorfmeisters Karriere: „Ich wusste ich darf zu den Spielen nach Japan mitfahren und in diesem Moment als ich stürzte, dachte ich mein Traum ist vorbei.“ Es kam jedoch anders. Die Ärzte versicherten ihr, dass es nicht unmöglich wäre, in Nagano dabei zu sein. Deshalb tat sie alles Notwendige und kämpfte verbissen. Das Ergebnis war eine Silbermedaille im Super-G.

Mit einem Lachen im Gesicht erzählte die zweimalige Olympiasiegerin von ihrer Medaillenfahrt: „Eigentlich hat mich die Verletzung nicht behindert. Im Nachhinein betrachtet schon, denn wenn ich ordentlich anschieben hätte können, wäre es Gold geworden. Aber wer weiß, wofür das gut war. Hätte ich damals schon Gold errungen, wäre meine Karriere möglicherweise viel früher zu Ende gegangen. Es hat alles seinen Sinn, auch wenn es mit Schmerzen verbunden ist.“

Hausbau und der erste Winter danach


Nach ihrer letzten aktiven Ski-Saison, die gleichzeitig ihre erfolgreichste war, schlug Michaela Dorfmeister ein neues Kapitel in ihrem leben auf. Mit ihrem Freund Andreas baute sie in dessen Heimatort Purgstall ein Haus. Dabei brachte sie sich mit 100 Prozent beim Hausbau ein – die ideale Ablenkung nach ihrem Karriereende.
Ohne Sport kann sie aber dennoch nicht leben, mit dem Unterschied: Zeitpunkt und Ort der Sportausübung kann sie jetzt selbst bestimmen. „Die größte Anstrengung war die Vorbereitungszeit. Rennen zu fahren war purer Spaß. Du fährst die Piste runter und gewinnst. Ich durfte das zum Glück sehr oft erleben. Das mühsamste ist das Trainieren und wenn das einmal wegfällt und nicht mehr deinen Tagesablauf bestimmt, dann ist das schon eine große Erleichterung.“ Und geht ihr der Wettkampf ab? Nein, ganz im Gegenteil: Als die ersten Rennen der Saison 2006/2007 starteten, kam bei der Doppelolympiasiegerin keine Wehmut auf. „Auf die Anspannung vor den Rennen, das schwere Auftaktrennen in Sölden, das eigentlich noch in der Vorbereitungszeit liegt und auf den Druck, den sich Topathleten selbst auferlegen, kann ich mittlerweile gut und gerne verzichten. Man merkt wirklich erst, wenn man es nicht mehr hat, dass man eigentlich ständig wie unter Strom gestanden ist“, erzählte die Skipensionistin.
Sie selbst war im vergangenen Winter nur zehnmal Skifahren. Fünf Mal schnallte sie sich dabei auf der Piste das ungewohnte Snowboard an. „Andreas ist ein Snowboarder und hat es mir beigebracht. Er war sehr überrascht, dass ich es so schnell kapiert habe“, lacht Michi und schaut dabei ihren Freund, der zustimmend nickte, in die Augen.

Der Einzug und die „geliebte“ Hausarbeit


Seit August 2006 wohnen Michaela und Andreas in ihrem neuen Haus. Neben ihren Werbetätigkeiten, die sie sich selbst ausgesucht hat, und der Kolumne für eine österreichische Tageszeitung ist sie zurzeit im Grunde Hausfrau. Sie arbeitet im Garten, wäscht, putzt und lernt kochen. „ Bis jetzt ist alles gelungen, nur geschmeckt hat uns nicht immer alles“ schmunzelt Michi Dorfmeister.
Ihre neue Aufgabe spielt für das ehemalige Ski-Ass eine wichtige Rolle: „Ich habe mich schon sehr auf die Zeit danach gefreut. Zeit für mich selbst zu haben, im Garten zu arbeiten, auf den ich besonders stolz bin, oder kochen zu lernen. Das habe ich während meiner aktiven Karriere alles nicht gebraucht. Andreas und ich genießen einfach die Ruhe und die Zeit, die wir jetzt füreinander haben, in vollen Zügen“.
Mit der Ruhe ist es allerdings nicht mehr ganz so. Die kleine, neun Wochen alte Schäferhündin Ares bringt gehörig Bewegung ins Haus und in ihr gemeinsames Leben. Da kommt einem der Gedanke, dass der Hund ein „Trainingsgast“ für den eigenen Kindernachwuchs sein könnte. Darüber müssen beide herzhaft Lachen.
Michaela Dorfmeister schmunzelnd: „Wir haben ein Kinderzimmer, in das sicher drei Stockbetten passen würden. Nein, im Ernst. Wir haben uns über Heirat und Kinder noch gar nicht so viele Gedanken gemacht. Seit meinem Karriere-Ende hatten wir noch keine Zeit gehabt. Eine Hochzeit ist ein einmaliges Erlebnis und muss auch gut vorbereitet werden. Wir lassen das auf uns zukommen. Außerdem bin ich noch nicht gefragt worden“.
In Purgstall fühlt sich Michaela Dorfmeister auf alle Fälle schon sehr heimisch und bereut es keine Sekunde, hier mit Freund Andreas ihren ganz privaten Platz gefunden zu haben.

Gerlinde Metzinger für sport inside

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Hinter den Kulissen des Sportjournalismus

Wien. Michael Kuhn ist Präsident von Sports Media Austria und eine lebende Legende im Österreichischen Sportjournalismus. Er hat die Sportberichterstattung in der Kronenzeitung und im ORF seit den 1960er Jahren neu erfunden. Er sprach mit Günter Baumgartner und Michael Vielhaber, zwei Studenten des Universitätslehrgang Sportjournalismus, über deren Zukunft und Perspektiven:

Was muss ein angehender Sportjournalist heute an Ausbildung mitbringen?
Früher hat man jenen Journalisten, die ein spezifisches Universitätsstudium hatten, vorgeworfen, dass sie Theoretiker sind. Offenbar wird der Praxisbezug bei akademischer Ausbildung inzwischen forciert. Man muss viel Talent, viel Zeit und Hartnäckigkeit haben. Außerdem sollte man damit rechnen, dass die Ehe oder Beziehung kaputt gehen kann, weil man ständig zur Verfügung stehen muss.

Welche Aspekte sind bei der Ausbildung besonders wichtig?
Eine ethische Ausbildung ist wichtig. Wenn ich heute meine scharfen Artikel aus dem Jahre 1960 nachlese, bemerke ich, wie vorsichtig man mit der Wortwahl sein muss. Man kann jemanden auch kritisieren, ohne ihn zu beleidigen. Ich glaube gerade an der Universität kann man ein Gefühl für Ethik entwickeln. Außerdem ist es gut, wenn man gewisse Fachkompetenzen zu einem Medium mitbringt. Wir haben damals geglaubt, dass wir gut sind. In Wirklichkeit mussten wir alles erst mühsam lernen. Es ist also gut, eine Basis zu haben.

Praxis sollte man schon während des Studiums bei Praktika und Volontariaten sammeln?
Ja, das wäre ideal: Eine theoretische Ausbildung und die praktische parallel dazu. Es ist aber zeitaufwändig und vor allem sind solche Praktika schwer zu bekommen. Die meisten Unternehmen haben zu sparen und das macht sich auch bei den Mitarbeitern spürbar.

Wie rekrutieren diese dann ihren Nachwuchs im Bereich der journalistischen Mitarbeiter?
Manche Zeitungen betreiben eigene Journalistenausbildung, was ich für äußerst wichtig halte, weil man sich dann den Einkauf von teuren Journalisten erspart. Das ist wie im Fußball, entweder man kauft die teuren Stars ein, oder man installiert Nachwuchszentren.

Wie hat sich der Sportjournalismus im Laufe ihrer Karriere verändert?
Die Ausweitung des Fernsehens war ein gravierender Einschnitt, weil sich die Zeitungen anpassen mussten. Früher waren die Zeitungen die Platzhirsche, was die geschrieben haben, galt als Dogma. Inzwischen mussten sie das System der Berichterstattung umstellen und allgemein anders arbeiten. Das Fernsehen ist heute so gut, dass die Zeitungen wohl wieder vermehrt zu Kommentaren übergehen, also zu Meinungsjournalismus. Das fehlt dem Fernsehen, weil es eher zur Objektivität verpflichtet ist.

Was waren die wichtigsten Ergebnisse beim Kongress der AIPS (International Sports Press Association) Mitte Mai in Bregenz?
Man muss befürchten, dass die Medien bald für ihre Berichterstattung bezahlen müssen. Das Fernsehen ist unter anderem daran Mitschuld, weil der Inhaber von Übertragungsrechten einer Veranstaltung bevorzugt behandelt wird. Außerdem wird die Zahl der zu akkreditierenden Journalisten bei Großveranstaltungen wie Olympia immer größer. Dadurch steigt auch für die Veranstalter der finanzielle Einsatz, weil sie erstklassige Sitze zur Verfügung stellen müssen, die sie teuer verkaufen könnten.

Wie wird sich das dann auf die Medien auswirken?
Reine Berichterstattung wird frei sein, aber jede Zusatzleistung wie die Benützung des Pressezentrums wird teuer sein. Kronenzeitung oder der ORF können sich das leisten, aber viele andere nagen am Hungertuch. Allerdings vereinfacht das Fernsehen dem schreibenden Journalisten wiederum die Arbeit, weil man dort einfach mehr sieht. Trotzdem: Wenn ein Journalist nicht vor Ort ist, kann er die Atmosphäre nicht einfangen und gerade das ist für einen guten Artikel sehr wichtig.

Wer bestimmt die Trends im Sportjournalismus?
Die Redaktionen entwickeln sich permanent und es hängt auch davon ab, ob sich das Medium als Fach- oder als Unterhaltungsmedium versteht. Es gibt Sportarten, die wunderbar anzusehen und auszuüben sind, aber nicht dafür geeignet sind, beschreiben zu werden. Es ist für einen Journalisten schwieriger über einen Snowboard-Wettkampf zu berichten als das Interesse am alpinen Skisport zu stillen.

Beim Universitätslehrgang Sportjournalismus beträgt der Frauenanteil 25%, ist es für Frauen schwieriger in diesem Berufsfeld Fuß zu fassen?
Eine Frau hat es natürlich schwerer. Es gibt sie in unserem Beruf nur vereinzelt. Der Prozentsatz, den der Lehrgang hat, wird in der Praxis des Sportjournalismus nicht erreicht. Das ist schade, weil der Zugang einer Frau ein anderer ist. Eigentlich ist es völlig egal ob Mann oder Frau, wenn jemand gut schreiben kann und das Gefühl dafür hat.

Wie hoch ist der Frauenanteil bei Sports Media Austria?
Insgesamt hat SMA 750 Mitglieder. Der weibliche Anteil liegt bei etwa zehn bis 15 Prozent.

Ihre Meinung zum aufkeimenden Onlinejournalismus?
Erstens schafft er neue Arbeitsplätze. Viele neue Mitglieder der SMA kommen aus diesem Bereich. Dabei stellt sich nun die Frage: Wer ist ein Journalist? Ist einer, der für den Toni Polster eine Homepage macht Journalist? Ich kann es nicht sagen, aber diese Leute sind existent und man kann sie nicht wegleugnen, wegschieben und sagen: Die können nix, die machen nur eine Homepage für den Polster. Das ist ein völlig neuer Bereich und es bleibt abzuwarten, wie er sich entwickelt.

Sinkt durch den Onlinejournalismus und die einhergehende Informationsflut die Qualität?
Durch die Quantität sinkt nicht unbedingt die Qualität, aber der Wahrheitsgehalt. Jeder schreibt von jedem ab. Viele der Jungen betrachten das Internet als den Götzen des Sportjournalismus. Sie sind nicht mehr bereit raus zu gehen und sich eine blutige Nase zu holen. Ich glaube das Internet wird sich immer auch selbst reinigen, schlecht gemachte Seiten verschwinden.

In wieweit verändert sich der Journalismus durch Nachrichtenagenturen und Internet?
Manche Journalisten von heute schreiben alles ab, was sie auf den Schreibtisch bekommt, sie wollen nicht mehr selbst recherchieren. Früher waren sie gezwungen selbst mehr zu erarbeiten. Klarerweise holt man sich Basismeldungen von Agenturen oder aus dem Internet, aber dann muss selbst weiterrecherchiert werden.

Als wie problematisch beurteilen Sie die so genannte „Verhaberung“.
Das ist gerade in einem kleinen Land wie Österreich ein Problem, wo man einander eher kennt als in Deutschland oder England. Du kennst in dem Beruf fast jeden Spitzensportler und wirst zwangsläufig mit ihm gut. Ich halte auch trotz Bekanntschaft oder Freundschaft eine Distanz für wichtig.

Wie können Journalisten zu einer positiven Stimmung mit Hinblick auf die EURO 08 beitragen?
Die Stimmung kann man nicht künstlich erzeugen, da muss das Produkt da sein. Die Leute springen ohnehin sofort an, wenn die Nationalmannschaft einmal halbwegs gut spielt. Ich glaube, dass sich die Leute dessen gar nicht bewusst sind, was die Euro für ein tolles Ereignis ist. Das wird erst zwei Monate vor Beginn ausbrechen. Man muss sich nur vor Augen führen, wie erbarmungslos in Deutschland oder England die Nationalteams nach Misserfolgen niedergeschrieben werden. Da sind wir ja harmlos dagegen.

Also eine Begeisterung wie in Deutschland bei der WM 2006?
Es werden sehr viele ausländische Fans kommen. Auch solche, die keine Karte haben. Daher spielt sich auch außerhalb des Stadions auf den Fanmeilen viel ab. In Wirklichkeit sind wir, was Fußballbegeisterung betrifft, ein bisserl fad. Journalisten könnten ihren Teil zur Euphorie beitragen. Man muss ja nicht unbedingt wie ein gekaufter Schreibsklave etwas schönfärben, aber man kann auch Kritik von einem positiven Zugang her finden.


Links:
International Sports Press Association (AIPS)
Sports Media Austria (SMA)
Universitätslehrgang Sportjournalismus, Salzburg

Günter Baumgartner und Michael Vielhaber für sport inside

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Michael Kuhn - Das Interview

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