Montag, 4. Juni 2007

Doping – Ein haumgemachtes Problem?

„Rottmann und Perner aus Turin geflüchtet,“ „Jan Ullrich und Oscar Sevilla vom Team T-Mobile suspendiert.“ Solche und ähnliche Meldungen sorgen immer wieder für Aufsehen in den Nachrichten.

Kurioserweise tauchen derartige Schlagzeilen immer oder immer wieder vor, während oder nach so genannten Großereignissen wie Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften oder großen Radrundfahrten auf. Zwar nicht wie Phönix aus der Asche, aber trotzdem mit ungeahnter Intensität. Weil man bei aller Tristesse aus Bürgerkriegen und Insolvenzen, Rassenunruhen und Machtspielen in die Welt des Sports flüchtet. Und weil man sich von dieser Welt Besseres erhofft?

Stichworte wie Blutdoping, anabole Steroide, EPO oder Ähnliches tragen dazu bei, Sportler (die so ich du und ich ihrem Beruf nachgehen) als Kriminelle abzustempeln und als Betrüger zu diffamieren. Und das vielleicht nur deshalb, weil so mancher Teamarzt im internen Kampf nicht bestehen konnte und nur auf eine Gelegenheit wartet, mit aller Gewalt zurückzuschlagen?

Ein positiver Aspekt – falls man überhaupt davon sprechen kann – ist jener, der breiten Öffentlichkeit die Augen zu öffnen und zu zeigen, welcher Druck auf den Heroen der Moderne oder im Besonderen auf den Helden der Landstraße lastet: Der Druck der Sponsoren, bestmögliche Leistung für längstmögliche Medienwirksamkeit zu bringen. Der Druck von Trainern und Betreuern, immer on Top zu sein um in der Welt aus Eitelkeiten und Machtspielen zu bestehen und auf der eigenen Profilierungsleiter Sprosse für Sprosse weiter nach oben zu gelangen.

Auch die Medien fordern Außergewöhnliches, um Leser, Hörer und Seher zu fesseln. Und zwar mit der Absicht, die Auflagenstärke oder Publikumsfrequenzen in die Höhe zu treiben. Wir als Konsumenten der Medien tragen vielleicht auch teilweise zu diesem enormen Druck bei, denn je mehr Schweiß fließt und Schmerz verzerrter das Gesicht ist, desto besser für das Ego jedes „passiven“ Sportlers, der mit Cola und Chips das Leiden seines Helden am Fernsehgerät mitverfolgt.

Apsirin, Echinacea & Co
„Ich habe vor kurzem die neue Dopingliste per Post bekommen“ hat mir ein befreundeter Leistungssportler erzählt, um kurz danach fortzufahren: „Als Sportler musst du heutzutage entweder selbst Medizin und Jus studiert haben oder du musst ständig einen Arzt an deiner Seit haben. Und am besten auch gleich noch einen Rechtsanwalt.“ Hunderte Seiten umfasst diese Liste. Selbst alltägliche Präparate sind darauf zu finden. Ein Druckwerk, welches einmal ordentlich entrümpelt gehört. Oder will man von einem Sportler tatsächlich verlangen, dass er sich tausende, verbotene Arzneimittel einprägt und bei Bedarf einfach abrufen kann?

Die Ansicht, Sportler könnten sich aufgrund ihres Sportlerdaseins besser erholen, mag vielleicht im Fall von Verletzungen teilweise richtig sein. Weil sofort nach möglichen Operationen mit der Therapie begonnen wird. Und selbst dann kommt es darauf an, wer man in der Welt des Sports ist. Bei – auch bei den harmlosesten – Krankheiten verhält es sich aber auf jeden Fall total verkehrt. „Wenn ich nachhause komme und meine kleine Tochter hat die Grippe“ hat mir ein Biathlet erzählt, „dann liege ich mit fast hundertprozentiger Sicherheit am Tag danach auch im Bett. Weil das Immunsystem eines Berufssportlers viel anfälliger für Infektionen ist.“

Sämtliche Sportveranstalter, Sportverbände und auch die Welt Anti-Doping Agentur sollten sich selbst mal bei der Nase nehmen und ihr Tun zu hinterfragen. Oder wie soll es möglich sein, eine Flachetappe über 210 km bei 35 Grad Hitze zu fahren und tags darauf eine Bergetappe über 170 km und mehr als 1000 Höhenmeter zu bestreiten? Und wie stark war wohl der psychische Druck auf Marco Pantani“, als er von den Medien über Jahre für ein Schwerkrimineller gejagt wurde? So lange, bis es für diesen Ausnahmefahrer keinen anderen Ausweg als den Freitod geben konnte.

Bei all dem Druck haben die Veranstalter vergessen, dass sie ohne ihre Athleten keine Veranstaltung durchführen können. Ganze Betreuerstäbe wären ohne ihre „Arbeitgeber“ ohne Job und Auflagenstärke bzw. Frequenzen von so manchem Medium wären mit einem Schlag bedeutungslos. Wir sollten nicht vergessen, dass Menschen dahinter stehen. Und ohne sie wäre das große Spektakel Sport nichts ...

Florian Warum für sport inside

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